Lebensbaum – eine kleine Bildergeschichte

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Ich hab` mich auf eine kleine Wanderung begeben. An diesem Tag heute, der für viele ganz wichtig ist, für andere lästig. Für viele ganz sichtbar, für viele deutlich spürbar. An diesem Tag, der für jeden eine Bedeutung hat. Schmerzhaft, traurig, dankbar, verzweifelt, freudig, müde, verbittert, süß, überglücklich, tiefschwarz. Dieser Tag hat so viele Facetten und doch eint jede:n von uns, dass wir alle Kinder sind auf unserer Mutter Erde.

Und als diese Kinder sind wir winzig klein und doch so unglaublich bedeutungsvoll. Wir tragen viel Verantwortung auf unseren Schultern. Wir kennen das Schöne und finden es im ganz Kleinen. Wir kennen das Farbenfrohe, denn es hilft uns, Dunkelheit zu überwinden. Wir können zerstören und schaffen. Wir können überall unterwegs sein oder immer am gleichen Ort. Wir machen uns auf in die Lüfte oder bleiben ganz bodenständig. Mutter Erde hält uns. Zusammen. Geborgen. Manchmal. Sie trotzt vielen widrigen Umständen. Wieder und wieder. Lebenskraft.

Komm, setz Dich doch einen Augenblick, Du geliebtes Kind. Setz Dich her und halte einen Moment inne. Schau auf Dein ganz eigenes Päckchen, dass Du so kraftvoll und stark mit Dir herum trägst. Setze einen Fuß vor den anderen und atme – manchmal reicht das. Schau ihn Dir an, den Baum Deines Lebens.

Vielleicht sieht er so aus. Er streckt seine Äste hoffnungsvoll und vertrauensvoll in den Himmel. So stark steht er da, der Baum Deines Lebens. Wind und Wetter trotzt er. Denn er hat starke Wurzeln. Weißt Du noch? Was Dich hält? Was Dir Wurzeln gibt? Vertraust Du Deinen Wurzeln? Selbst eine Zeit der Dürre, der Hitze, des Ausbrennens hält er aus, Dein Lebensbaum. Er bekommt neue Knospen. Wieder und wieder. So viele Knospen – so viele Möglichkeiten. Und die Blütenblätter… sie lassen sich forttragen mit dem Wind. Erzählen ihre Geschichten dort, wo sie landen. Sie bringen Freude und Staunen und erreichen so viele, von denen Du gar nichts ahnst. Du strahlst an Orte, von denen Du nichts weißt. Weil Du viel bedeutsamer bist, als Du denkst.

Am Fuße Deines Lebensbaum ist so viel anderes Leben. Es wächst und entsteht in Deinem Schutz. Es kann sich ausbreiten, weil Du da bist. Schutz und Schild.

Menschen sitzen im Schatten Deines Lebensbaumes. Sie genießen die Aussicht, freuen sich am Schatten. Am Grün. An Blüten, Blättern, Spuren vergangener Lebensbaumzeiten. Da liegen Äste, alte, starke Stämme, die nun Bänke sind oder zum Balancieren einladen. Sie erzählen noch die alten Geschichten. Sie erzählen von Kommen und Gehen. Vielleicht wird jemand den Stamm Deines Lebensbaumes umarmen, weil er sich warm anfühlt, Ruhe ausstrahlt und Sicherheit.

Vielleicht braucht auch jemand die Wegweiser, die sich am Stamm Deines Lebensbaumes finden. Die hin und wieder erneuert werden müssen, weil auch Wegweiser mal vom Weg abkommen. Vielleicht findet jemand seinen Weg wieder und kann dann voller Vertrauen auch weiter schauen.

Am Stamm vorbei. In die Weite, die Hand liegt vielleicht noch auf der Rinde Deines Lebensbaumes. Es lässt sich so vieles entdecken. Löwenzahn und Wiesenschaumkraut. Ein Heupferd vielleicht oder eine Blindschleiche. Ein Vogel, der vielleicht in der Baumkrone Deines Lebensbaumes nistet. Neues Leben. Wolkenbilder, die neue Ideen in Köpfe malen.

Vielleicht schaut auch jemand in die andere Richtung. Sieht die Schatten, die Dein Lebensbaum auf den Weg wirft. Dann wünsche ihm, dass er erkennt, dass Schatten bedeuten, dass die Sonne auf den Rücken scheint. Ein kleiner Anschwung. Schattenseiten. Wohltaten und Wehmut. Die Hoffnung im Dunkel. Die Sonne ist da und auch durch den kleinsten Riss im Asphalt sprießt wieder grün. Im Schatten Deines Lebensbaumes.

Auch Disteln finden sich im Schatten Deines Lebensbaumes am Boden von Mutter Erde. Sie sehen erst so harmlos aus und blühen dann später so schön. Und doch täuscht das. Und auch das darf sein rund um Deinen Lebensbaum. Er sorgt für Dich und dafür, dass manches vielleicht nicht zu nah an Dich heran darf. „Bleib weg!“ Alles in Ordnung hier, bei Deinem Lebensbaum.

Ach Du, Mutter Erde, wie geschwungen und steinig, wie individuell sind die Wege, auf denen ich mich bewege. Mit sicherem Stand, mit guter Sicht. Wie achtlos gehe ich manchmal damit um. So viel neues Grün. So viel neu, da, wo so viel kaputt gegangen ist. Wieviele Lebensbäume haben sie gekostet, die Katastrophen, die Krisen. Ich möchte, dass Du, mein Lebensbaum, noch eine Weile stehst. Sich die Äste im Wind wiegen.

Und wenn es dann dereinst soweit ist, und Dein Lebensbaum Platz macht für neues Leben, was wird dann sein?

Hast Du auch dieses Lied im Herzen? Herr, Deine Liebe ist wie Gras und Ufer. Wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus.

Dann wird es weiter gehen mit uns. Aber was aus diesem Baum wohl werden wird?

Liegt er entwurzelt und irgendwie aus dem Leben gefallen?

Wird Grad darüber wachsen? Über den Stumpf, der einmal Dein Lebensbaum war?

Oder hat er wunderbare neue Triebe? Geht es weiter mit Deinem Lebensbaum?

So viele Möglichkeiten. Geh achtsam mit ihm um. Mit Deinem Lebensbaum.

Wahrscheinlich ist er auch mit anderen Bäumen verschlungen. Von anderen berührt. Behutsames Wiegen in der Lebensmelodie. Sanftes Rascheln verschiedener Blätter. Einander stärkend, schützend. Er wird noch lange Geschichten erzählen. Im Rauschen. In den herbstlichen Farben der Blätter. Im kahlen Winterkleid. Und im Frühling, wenn langsam das Grün zurück kommt. Wie schön, wenn jemand im Schatten Deines Lebensbaumes sitzt, mit dem Rücken an der warmen Rinde lehnt, ein sehnsuchtsvolles, erinnerndes Lächeln auf den Lippen liegt und Deine Geschichte weiter erzählt…

Kleiner Baum, komm, nimm die Geschichten meines Lebensbaumes. Lerne daraus. Wachse in meinem Schatten. Werde groß und kräftig. Wiege Dich mit mir im Wind. Vertrau mir hin und wieder, weil ich schon weiß, wie es sein kann. Lass uns sein. So gut wir sein können. Hier auf dem Boden der Realität. Bei Mutter Erde. Vertrauend darauf, dass auch sie Schutz findet. Wieder neu. Für das Leben. Das kleine und das Große. Damit das Spiel der Mächte weiter besteht, und du deinen Vers dazu beitragen kannst.

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