Eine kleine Andacht über… Dich? Mich? Uns?
Es gibt Zeiten, die uns eine ganze Menge abverlangen. Funktionieren müssen wir, alles geben, obwohl wir eigentlich höchstens auf Halbmast unterwegs sind.
Kennt ihr das auch? Diese fiese kleine Frage: „Hab ich eigentlich mein Leben im Griff?“ Selbstzweifel, Enttäuschung, Verletzung… all das arbeitet manchmal in mir. Ich hab doch alles gegeben, und doch habe ich das Gefühl, schief angeguckt zu werden. Hätte da mehr gehen müssen? Mehr Leistung? Besseres Ergebnis? Was war da für eine Erwartung? Hab ich die enttäuscht? Hätte ich nicht doch noch einen Termin mehr unterbringen können?
Und dann laden sich diese Gedanken noch auf mein Päckchen, das ich ohnehin mit mir herum trage. Und alles, was ich am Abend noch über die Lippen bekomme, wenn ich zu Bett gehe, ist: „Scheiße… Gott. Einfach Scheiße. Es reicht einfach nicht. Es reicht niemals.“ Und ich lasse mich auf mein Kissen fallen, schlafe ein paar Stunden mehr schlecht als recht und weiter geht’s…
Komisches Gebet, oder? Aber vielleicht mein ehrlichstes an diesem Tag. Was wäre, wenn ich einfach nochmal neu anfangen könnte? Neue Beziehung, die einfach richtiger läuft. Alles anders machen in der Erziehung der Kinder. Ernährung und Sport… alles würde ich da anders machen. Freunde… hm, ja, die würde ich auch anders priorisieren. Arbeit… ich wäre doch eigentlich längst vorgesehen für die Beförderung, die Gehaltserhöhung, mehr Urlaub, ein größeres Büro… anders für mich einstehen würde ich. Ich würde eigentlich alles anders machen. Sprachen lernen, musizieren, mehr reisen! Ach, viel mehr reisen! Beziehungen pflegen. Selbst immer frisch kochen, ach Selbstversorger wäre ich. Die anderen würden mich um Rat fragen. Ich wäre nie müde, hätte nie schlechte Laune, sähe aus wie das blühende Leben und alles wäre wunderbar und gut.
Und dahinein kommt er. Mitten aus meinem ehrlichen Gebet an diesem Abend. Er. Gott. Er reicht mir die Hand und hört sich das alles an. Er kommt mitten hinein in meine Zerreissproben. Er sieht mich und ich spüre, dass er mich wirklich sieht. Dass er all das sieht. Meine Versuche. Mein Scheitern. Mein Immer-wieder-von-vorn-Anfangen. Meine Kämpfe. Mein Bemühen. Meine Tränen, die ich so gekonnt vor anderen verberge. Mein falsches Lächeln und mein echtes. Mein gespieltes Interesse und mein ehrliches. Mein Verschieben von Wünschen und Träumen. Mein Jonglieren mit allem. Meine Fragen ob das alles richtig ist. Und ich?
Wenn ich hier so sitze und das aufschreibe und bei den Worten noch viel mehr bei mir bin, als ich dachte, denn schließlich ist das hier ja kein Tagebucheintrag – dann kommen wir wie kleine Blitzlichter all die vielen wunderschönen Dinge in allem Scheitern in den Sinn. Das Strahlen der Augen meiner Kinder, die Freude meines Hundes, wenn ich nach Hause komme, der Duft von frischer Lasagne im Ofen, die ich selbst gekocht habe. Das Zwicken in den Waden, wenn ich doch mal eine Runde mit dem Rad unterwegs war. Das kleine Zaungespräch mit meinem Nachbarn. Die Vorfreude auf Mamas Kuchen beim Wochenendbesuch. Das glückliche Kribbeln im Bauch beim Blick auf eine schnelle Nachricht zwischendurch von meiner besten Freundin. Das neckische Gespräch mit den Kollegen, der Spaß an der Arbeit, die Freude an den Pflanzen in meinem Garten oder auf meinem Tisch, die müde Erschöpfung nach ein paar Stunden Austoben im Schwimmbad oder im Wald oder wo auch immer. All das Eintauschen? All das hinter mir lassen für einen Neuanfang? Nein.
Hab ich alles im Griff? Nein. Muss ich alles im Griff haben? Nein! Müssen andere verstehen, was ich tue und warum? Nein.
Aber ich muss lernen, mir selbst zu vergeben. Mir nicht nachzutragen, wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nicht genügen konnte. Ich habe die Freiheit, Dinge zu verändern, wenn sie mir nicht gut tun. Ich kann im Gespräch oder im hartnäckigen Gebet herausfinden, was eine solche Last darstellt, dass ich sie besser ablegen sollte. Und da ist er wieder. Gott. Dem ich mit all dem in den Ohren liegen darf.
Eine Freundin sagte mal zu mir: In meinem eigenen Gebet gab es lange nur Gott. Bis jemand sehr bewusst mit Jesus sprach. Seit diesem Gespräch habe ich etwas verändert: Wenn es alles dicke kommt und ich nicht weiß wo oben und wo unten ist, dann nehme ich meine Tasse Kaffee, gehe auf meine Terrasse und stelle mir vor, er würde neben mir stehen und dann kommt mir das ganz leicht über die Lippen: „Hey Jesus, sag doch mal…“ – Das fand ich schön. Deshalb habe ich mir ein wie ich finde passendes Gebet von Siegfried Eckert ausgesucht, das ich gern mit euch beten würde:
Christus
Du hast gelebt
Als könnten wir übers Wasser laufen
Berge mit Glauben in Bewegung versetzen
Und Wasser in Wein verzaubern
Du hast gezeigt
Wie Menschenkinder
Im Reich deiner Möglichkeiten
Mauern überspringen
Bettler zum Tanz einladen
Tote aus Grabeshöhlen locken
Wie schön wäre es
Diesen Glauben zu haben
Als hätten wir ihn nicht
Wie schön wäre es
Unser Leben entknotet zu wissen
Von Missgunst und Missverständnissen
Wie schön wäre es
In unseren Beziehungen
Den frischen Odolatem deiner Liebe einzuatmen
Wie schön wäre es
Die Freiheit der Kinder Gottes
Als Pausenbrot
In die Kindergartentasche gepackt zu bekommen
Wie schön wäre es
Am Lagerfeuer der Sehnsucht zu sitzen
Mit einer Gelassenheit
Die unserem Leben fehlt
Amen
Ich hab dazu diese Karten gefunden. (Und wenn Du eine haben möchtest, melde Dich – ich schick Dir eine per Post!)
https://shop.marburger-medien.de/shop/system/?func=detailcall&artnr=KP251
Zufällig. Und seit sie in meiner Post lagen, halte ich meine ständig in der Hand. Ich wünsche uns Gelassenheit. Für uns selbst. Für die Nacht. Und den Tag. Und Nachsicht. Vor allem mit uns selbst. Großzügige Nachsicht. Ach ja, und im Lernen der Gelassenheit immer genug Schokolade oder was Dir eben guttut. Vielleicht auch mal Rotwein, aber dann ein Glas und nicht gleich die ganze Flasche. Amen.
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